Emily Brontë – Sturmhöhe

“I have not broken your heart – you have broken it; and in breaking it, you have broken mine.”


Sturmhöhe | Emily Brontë | DTV | 464 Seiten
ISBN: 342314355X | 9,90€


Worum geht’s?

Erzählt als Rückblende durch die Haushälterin geht es um die Geschichte zweier Familien in England um 1800. Die Earnshaws nehmen das Findelkind Heathcliff auf, welches nach und nach zum Außenseiter des Familienlebens wird. Er ist ungefähr im Alter der Tochter Cathrine, in die er sich verliebt, die jedoch den Sohn der Linton-Familie heiratet. Es folgt eine weitreichende Verästelung der beiden Stammbäume und eine kolossal deprimierende Familiengeschichte.

Spoilerfreie Rezension

Vielleicht lässt meine großzügige Bewertung dies nicht vermuten, aber ich bin ganz ehrlich zu euch: es war kein Vergnügen. Teilweise musste ich mich zwingen weiterzulesen, die Stimmung des Buches war drückend und die Geschichte war teilweise langweilig. Jetzt fragst du dich bestimmt, wie ich dennoch zu einem 4-Sterne-Urteil kam – zurecht.

Sturmhöhe zeigt, dass gute Literatur manchmal unbequem ist und auch ein wenig Arbeit sein kann. Trotz des nur schleppenden Vorankommens in der Geschichte merkte ich, wie mich das Buch verfolgte und ich häufig darüber nachdachte. Die Geschichte ist wirklich sehr speziell, düster und definitiv extrem anders als alles, das ich bisher gelesen habe. Das ist definitiv ein Pro.

Besonders faszinierend und überwiegend ausschlaggebend für meine nachträgliche Versöhnung mit dem unbequemen Leseerlebnis ist die Erzählperspektive. Die Geschichte der zwei Oberschicht-Familien wird von der Haushälterin erzählt, die ihr Leben lang im Wechsel für beide Familien gearbeitet hat und ihr ahnt es vielleicht schon – die Darstellung der Ereignisse wird dadurch natürlich sehr einseitig.

Die Erzählerin neigt dazu die reichen Mädchen der Geschichte niederzumachen und sich selbst moralisch über sie zu erheben. Das ganze macht sie so geschickt, dass man als Leser selbst anfängt ihr jedes Wort über deren miese Verhaltensweisen abzunehmen. Auf der anderen Seite hat sie ein Faible für den jüngsten Sohn der Earnshaw-Familie, der aufgrund von Schulden wie ein Knecht aufwächst. Hier kann man also deutlich sehen, dass der soziale Stand der Erzählerin großen Einfluss auf die Geschichte hat.

Außerdem ist einiges, was sie erzählt, mehr als 20 Jahre her. Wir alle wissen, was für furchtbare Streiche uns das Gehirn in Bezug auf Erinnerungen spielt. Erinnerungen verändern sich mit jedem Mal, das wir sie abrufen – wir können also davon ausgehen, dass so einiges, was uns die Gute erzählt, unbewusst ihrer sehr parteiischen Fantasie entspringt.

Wer sich also wagt Sturmhöhe in die Hand zu nehmen muss sich durch ein paar deprimierende Familienereigisse quälen, wird aber mit einer im positivsten Sinne eigenartigen Geschichte belohnt, die aufzeigt wie viel Einfluss ein Erzähler auf uns haben kann (und im Grunde auch wie stark ein Erzähler von seiner eigenen Lebenslage geleitet sein kann).

Jedenfalls kann ich sehr gut nachvollziehen, wieso dieses Buch als Klassiker gilt und es hat diesen Titel durchaus verdient.

Eine Diskussion gibt es heute keine, ich konnte ausnahmsweise all meine Anliegen spoilerfrei verpacken!
Habt ihr das Buch gelesen? Hat es euch gefallen?

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